Als ich die Gartenküche Bad Aibling an diesem späten Nachmittag verlasse, schaffe ich es keine fünf Minuten, die Papiertüte in meinen Händen geschlossen zu halten. Darin: Die wohl beste Schokoladentarte der Stadt; ganz sicher die beste vegane. Denn dass in dem Bad Aiblinger Laden keine tierischen Produkte verarbeitet werden, ist zweitrangig. In erster Linie geht’s um den Genuss.
Ich habe mich mit Inhaberin Linda Parkinson getroffen. Sie ist mit ihrer Familie vor ein paar Jahren über London aus München in die Kurstadt gekommen. Da war sie noch Innenarchitektin, träumte aber auf der Baustelle oder im Büro davon, eines Tages ihr feines Gespür für einen bewussten Lifestyle in einem Laden wie diesem hier zu verwirklichen.
Seit 2020 gibt es die Gartenküche in Bad Aibling nun. Sie ist Restaurant, Café, Buchladen und ganzheitlicher Stöber-Shop in einem. Der rote Faden: ein entschleunigter und überdachter Lebensstil. Keine Sorge: Extra Zeit muss man nicht einplanen, wenn man mit hungrigem Magen durch die dicht begrünte Tür in der Bahnhofstraße tritt. Kund*innen warten zu lassen – dafür ist Linda viel zu pragmatisch. Was auf der Karte steht, wurde soeben frisch gekocht und kommt direkt auf die Teller. Wer will, kann sich eigenes Verpackungsmaterial für die To-Go-Mahlzeit mitnehmen und etwas Geld sparen – verpasst beim Außer-Haus-Verzehr aber die gelassen-gemütliche Atmosphäre im Laden, mit der handverlesenen Auswahl an Büchern und Keramik. (Und vielleicht auch eine Kuscheleinheit mit Ahimsa, der grauen Nachbarskatze.)
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Keine hippe Spielerei & alles in einer Schüssel
Sie ist nicht die einzige, die die Gartenküche zu ihrem zweiten Zuhause erklärt hat. Nun aber, wie geht das eigentlich: Famose Küche, frisch, vegan, hausgemacht – für einen Preis, der es kaum mehr rentabel macht, auf diesem Niveau selbst zu kochen (na gut, den erst gemeinten Versuch)? „Ich wollte hier nichts Exklusives haben, nicht das Vorurteil bestätigen, vegane Küche sei eine hippe Spielerei, die man sich leisten können muss“, sagt Linda. Feines mit Linsen, geröstete Kartoffeln, Eintöpfe – das seien überdies auch die idealen Einsteiger-Essen für Noch-nicht-Veganer. Das Ergebnis ist Essen mit höchstem Prädikat, nämlich, „dass es meine Oma mögen würde“, grinst Linda. Und schnippelt währenddessen Regenbogennudeln für die, die etwas ganz Neues ausprobieren wollen.
Was frühere wie heutige Kochkunst eint, ist Ernährung als das zu begreifen, was sie ist: Eine der wichtigsten Quellen für mentale Energie und einen gesunden Körper. Wer genauer wissen will, was das zum Beispiel für Leistungssportler*innen bedeutet, kann sich durch die Fachliteratur in der Gartenküche blättern. Oder eine der stets fertigen Bowls an der Theke bestellen: Die liefern Proteine aus Hülsenfrüchten und Getreide, Mikronährstoffe und Spurenelemente aus gekochtem und rohem Gemüse sowie gesunde Öle aus den Soßen. Alles in einer Schüssel. Alles, was der Körper täglich braucht.
Umami-Genuss in den Kochkursen
Zu großen Teilen werden die Zutaten aus Gärtnereien im Münchner Umland oder vom Ökoring geliefert oder, da schau her, kommen direkt aus Lindas Garten. Was es braucht, um veganso gut zu kochen, dass es „umami“ schmeckt, kann man in einem der mehrmals im Monat stattfindenden Koch- und Backkurse in der riesigen Küche der Gartenküche lernen. Zu Erinnerung: „umami“ gilt als Geschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter und lässt sich am besten mit „vollmundig“, „köstlich“ oder auch „fleischig“ beschreiben. Oder wie es Linda sagt: „Es geht um jenes Geschmacksgefühl beim ersten Bissen, das einem versichert, dass man gleich sehr, sehr satt und zufrieden sein wird.“
Deswegen kommen auch die von der Gartenküche ausgerichteten Buffets und Caterings so gut an. Selbst die überzeugtesten Fleischesser vermissen nichts. „Und wir werden jeden Tag besser“, sagt die Inhaberin stolz. Unmöglich also, dass ich das qua Amt nicht sofort prüfe und die zum Abschied geschenkte Schokotarte nach Hause trage. Ich genieße sie direkt nach unserem Treffen auf dem Heimweg. Und brauche nicht mehr, um bestätigen zu können: Veganer Genuss macht die Welt besser!