Eine junge Frau vermarktet ihre Lockdown-Leidenschaft und verkauft auf Instagram und Etsy selbst geknüpfte Makramees aus Rosenheim.

Handwerk ist immer auch eine Zeit der Ruhe. Wer sich auf Details fokussiert und mit seinen Händen daran arbeitet, in dessen Kopf wirbeln vielleicht etwas weniger Gedanken herum. Sicher ein Grund, warum im Lockdown viele Menschen begonnen haben zu werkeln – und manche es einfach weiter tun. Wie Lena Bamberger aus Rosenheim. Die macht aus dem, was ihr im vergangenen Jahr die Ruhe gebracht hat, gerade ein Business.

Schritt für Schritt zum kleinen Business

Es ist nicht so, als hätte die 22-jährige Einzelhandelskauffrau nicht genug zu tun. Sie ist im Leben angekommen, kürzlich mit ihrem Freund in den Anbau der Schwiegermama in spe gezogen. Die beiden renovieren ihr neues Zuhause von Grund auf. Arbeit wie beim Rohbau, sagt Lena. In ihren festen Job durfte sie mittlerweile auch wieder zurückkehren.

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Weil Lena seit Oktober letzten Jahres ihr Kunsthandwerk als kleines Geschäftsmodell auf die Beine gestellt hat, ist sie jedoch weiter auf einer anderen Mission: Stilsicher für mehr Gemütlichkeit sorgen. Derzeit knüpft die junge Frau aus Rosenheim Makramees und gießt Designobjekte aus Kunstharz. Ihre selbst gemachten Wohnaccessoires verkauft sie in einem eigenen Shop beim Online-Handmade-Portal Etsy. Makramee, die aus dem Orient kommende Knüpftechnik für Wandbehang bis Untersetzer, ist ein riesiger Trend, das spielt Lena in die Karten. Eine solche Blütezeit wie derzeit erlebte das Makramee in Deutschland zuletzt in den 70er Jahren. Globalem Markt sei Dank landet viel Geknüpftes auf den Ladentischen, das seine Arbeitszeit kaum rechnen kann. Sodass Lena jenen, die auf Handgemachtes stehen, schon wieder etwas Neues bieten will.

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Kunsthandwerk auf Instagram – eine große Chance, viel Arbeit

Derzeit also gießt sie auch Untersetzer und Tabletts aus Kunstharz, deren Optik zum Beispiel an sogenannte Terrazzo-Böden erinnert. Ein Material voller bunter Splitter, das sorgfältig poliert und lackiert wird. Ein kommender Trend? „In Deutschland noch gar nicht so bekannt“, sagt jedenfalls Lena. Ihre stetig wachsende Fangemeinde feiert die Idee. Über Instagram, wo sie als „bavarian hygge“ einen Account hat, dem weit über 1.000 Menschen folgen, seien auch Freundschaften geknüpft worden, erzählt sie. Wer zunächst vor allem viel Konkurrenz und Oberflächlichkeit vermutet, muss von den Möglichkeiten hören, die Lena ergriffen hat: Dass das Internet jedes Hobby, jedes Produkt und nicht zuletzt Kund*in und Produzent vernetzt, macht es ihr als Kleinunternehmerin leichter, Land zu gewinnen. Dann kommt die Arbeit. Wer sich durch Lenas Shop sowie ihren Instagram-Kanal scrollt, könnte glauben, sie sei schon ein paar Jahre im Geschäft. Jedes Foto, jede Grafik, und – nicht zuletzt – natürlich jedes Wohnaccessoire ist liebevollst arrangiert.

Makramees aus Rosenheim: Ein Hobby „zum Abschalten“

Lena selbst ist bescheiden und beschreibt ihre erfolgreiche „One Woman Show“ als Fotografin, Marketing-Expertin, Social Media Managerin, Buchhalterin und, ach ja, Kunsthandwerkerin pragmatisch: „Ich probiere es halt aus“. Zu Beginn habe sie nur ein Hobby zum Abschalten im Lockdown gesucht. Weil sie es „hygge“, also gemäß des skandinavischen Modeworts gemütlich, mag und ein Stoffgarn ungeschlagen kuschlig ist, hangelte sie sich zunächst an den unzähligen Anleitungen auf YouTube entlang. Die erklären die Knoten des Makramee-Knüpfens idiotensicher. „Viel mehr als eine Schere und ein Garn braucht man nicht – und Zeit“, sagt Lena. Kaum vom Makramee-Fieber gepackt, stieg sie in die „Handmade“-Netzgemeinschaft ein. In einem ihrer ersten Posts auf Instagram schreibt sie: „Nur wenn man sich gegenseitig hilft und einander unterstützt, kann man wachsen! Also zögert nicht lange, wenn euch was gefällt, und zeigt es dem anderen.“

Genau auf diese Nahbarkeit stehen die klassischen Käufer*innen bei Etsy und Co. Nicht ganz ohne Kalkül, aber mit noch mehr Freude an der Freude der anderen, verpackt die 22-jährige die Päckchen für den Versand höchst individuell. Sie kommen mit handgeschriebenen Karten, getrockneten Blumen und in selbst bedrucktem Papier. Ihre Kund*innen, die gleichermaßen über Instagram wie übers Stöbern bei Etsy auf die heimatliebende Künstlerin stoßen, sind hin und weg.

Irgendwann den Job im Einzelhandel gegen die Möglichkeit zu tauschen, ausschließlich von dem zu leben, was das Kunsthandwerk abwirft, das ist definitiv ein Traum der Rosenheimerin. Und auch wenn in den letzten Monaten vieles sehr schnell ging, die junge Frau ist gelassen und aufgeräumt. In einem Raum ihrer Wohnung sitzend, der übergangsweise noch als Küche, Schlafzimmer und Platz fürs Handwerk herhalten muss, grübelt sie über ihre nächsten Pläne. Eine eigene Webseite für ihre Lockdown-Leidenschaft soll her. „Was Eigenes zu ham, is schee.“

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