Mit dem Konzept, das Gegenteil von typisch zu bieten, lockt das runderneuerte Innkaufhaus in Wasserburg am Inn seit fünf Jahren Menschen zum Bummeln, Stöbern und Staunen ein. Vor lauter Heimeligkeit vergessen manche gar, dass sie zum Shopping vorbeigekommen sind.

Der Duft von Kaffee liegt in der Luft. Zwei Mütter sitzen in gemütlichen Sesseln und unterhalten sich über ihre Tassen hinweg, während ihre Kinder ganz ins Spielen versunken sind. Der Bub saust auf einem kleinen Polizeiauto durch die Gänge, das Mädchen hat sich mit Unmengen an Buntstiften eingedeckt und malt hochkonzentriert an einem Bild. Ein Kaffeekränzchen, das an einem unerwarteten Ort stattfindet: Wir befinden uns im zweiten Stock des Wasserburger Innkaufhauses. Hier oben liegt eine riesige, kunterbunte Spielwarenabteilung mitsamt Sitzecke. Und da darf und soll nicht nur geguckt, sondern auch nach Herzenslust ausprobiert werden! Es kommt gar nicht so selten vor, dass Besucher*innen nach dem Plausch wieder hinausspazieren, ohne etwas gekauft zu haben. „Voll okay“, findet das Sybille (Billa) Schuhmacher. Beweise das doch, wie angenehm die Leute die Atmosphäre hier in ihrem Shopping-Bullerbü finden, mit den Sesseln und Sofas auf jeder Etage, mit witziger Deko an den Wänden, umgeben von einladenden Holzregalen, Vintage-Vitrinen und flauschigen Teppichen. Da kann man schon mal vergessen, in einem Kaufhaus zu sein. Und das erklärt in aller Kürze das Geheimnis seines Erfolgs. 

Von New York nach Wasserburg

Ein Erfolg, der so nicht unbedingt zu erwarten gewesen war, als Billa und ihr Mann Tobias das von der vorherigen Pächterin aufgegebene Geschäft im Zentrum von Wasserburg am Inn vor genau fünf Jahren übernahmen. Zum einen hatten das Haus, die Waren und deren Präsentation mit der Zeit ein wenig Staub angesetzt, zum anderen hatte das Paar null Ahnung von der Materie – sie zu dem Zeitpunkt im Marketing bei einem großen, deutschen Software-Unternehmen beschäftigt, er als Vertriebler in der IT-Branche; beide in New York lebend wohlgemerkt, wo sie sich kennen- und liebengelernt hatten. Nicht zuletzt schien und scheint die Zeit großer Kaufhäuser eigentlich vorbei. Die Leerstände in vielen Fußgängerzonen sprechen für sich. Wieso halst man sich also so ein Risiko auf – und wie kann das trotz aller Unkenrufe funktionieren? Nun, da ist zunächst die hochemotionale Verbindung zur Institution Innkaufhaus. Billa war als junges Mädchen oft durch das Gebäude gestreunt. Schließlich war es ihr Vater, der das Traditionskaufhaus 1970 eröffnet hatte. Dazu kommt diese frische, unbedarfte, unkonventionelle Herangehensweise des Paares.

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„Wir hören auf unsere Intuition. Wenn wir von Ware überzeugt sind, probieren wir es halt damit“, erklärt Billa. Auf diese Weise hätten sie zum Beispiel anfangs die Mode-Abteilung bestückt. Tobias stand auf den Heritage-Style, also begannen sie mit Marken wie Pike Brother. Billa hingegen liebt es bequem, bunt und wild. Und so kam zunächst Lounge-Mode ins Sortiment, Hoodies etwa oder Sachen der „Blutsgeschwister“. Im Laufe der Jahre haben sie dabei auch Lehrgeld bezahlt, indem sie beispielsweise einsehen mussten, dass man Schreibwaren halt am besten in einem herkömmlichen, dafür vorgesehenen Regal von der Stange anbietet.  In der Regel funktioniert das Konzept des „Auf-den-Kopf-stellens“ von Gewohnheiten aber ganz vorzüglich.

Alles (außergewöhnliche) unter einem Dach

Im Großen und Ganzen ist  ein Sortiment entstanden, dass zwar die Bereiche eines klassischen Kaufhauses abdeckt und dem Prinzip des „Alles-unter-einem-Dach“ folgt, doch dabei warten Billa und Tobias stets mit Besonderheiten auf, mit Fundstücken, die man eben nicht überall findet – ob nun Geschirr, Lederwaren, Taschen und Koffer, Klamotten oder – Tobias‘ neue Lieblingsabteilung – die Welt der Feinkost. Stammkund*innen kommen selten zielgerichtet vorbei. Die wissenden Wasserburger*innen lassen sich vielmehr spontan ins Innkaufhaus treiben und stromern und stöbern dann fasziniert durch die Gänge. Wer einen Ausflug in die malerische Altstadt unternimmt, wird eine Stippvisite sicher ebenfalls nicht bereuen. 

Macht auch Shopping-Lust: Tracht und Sach in Neubeuern

Zur familiären Atmosphäre tragen auch die fast 30 Mitarbeiter*innen bei, die unaufdränglich, jedoch aufmerksam und hilfsbereit bei Fragen und Anregungen zur Verfügung stehen. Apropos stehen: Mit vereinten Kräften wuselt und werkelt das Team dieser Tage viel im dritten Stock des Gebäudes herum. Der dient als eine Art multifunktionale Veranstaltungsfläche. Konzerte, Austellungen und Poetry Slams haben im Oberstübchen beeits stattgefunden. Pünktlich zur Adventszeit ziehen jetzt wieder Stände und Tische ein. Erstere „bestückt“ mit Glühwein und Weihnachtsschmuck, Letztere mit kreativen Ideen für den weihnachtlich gedeckten Tisch zuhause. Am 29. November öffnen die Pforten des Inhouse-Christkindlmarkts.  Weihnachten in Bullerbü quasi – ein perfekter Zeitpunkt, um mal hereinzuschneien ins Innkaufhaus. 

Gleich los-shoppen? Direkt zum Innkaufhaus