Ausrüstung und Zutaten erinnern an eine Küche oder Backstube, doch Anna-Katharina Moser fertigt Seifen. Farbenfroh, aufwendig verziert, herrlich duftend und aus rein natürlichen Zutaten.

Fotos: Andreas Jacob, Stefanie Hasbauer

Wenn Anna-Katharina Moser im Garten sitzt, an dem kleinen Holztisch vor der Terrassentür, kann sie ein prachtvolles Panorama genießen. Nur ein paar Kilometer südostlich ragt die Kampenwand in den Aschauer Himmel. Direkt vor der Nase blickt sie ins Antlitz eines steinernen, kniehohen Ganesha. Der elefantenköpfige Hindu-Gott steht im Schatten einer knorrigen Birke. Im und ums Haus herum ist er ist nicht das einzige Stück, das fernöstliches Ambiente verströmt. Stirnseitig, auf dem Briefkasten sitzend, begrüßt ein kleiner Buddha die Postbot*innen. Am Rande des üppigen Gemüsegartens flattert eine bunte Gebetsfahne im Som- merwind. Die gebürtige Niederbayerin trägt als Kontrast ein Dirndl. Prallen da Welten aufeinander? I wo, nicht im Geringsten, vielmehr verschmelzen sie auf natürlichste Weise.

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Mit dem Chiemgau ist die Tochter eines Landwirts und einer Landwirtin vor rund dreieinhalb Jahren „verschmolzen“. Lebens- gefährte Sebastian, ein Berg- und Canyoningführer, stammt von hier. Die beiden haben sich in den Bergen kennengelernt, deshalb fiel es Anna-Katharina nicht gar so schwer, den idyllischen, elterlichen Hof zu verlassen – obwohl sie ihn neben der Familie auch mit dem zuckersüßen Zicklein Pauline teilen durfte, die sie eigenhändig mit der Flasche großgezogen hat. Im Grunde hat mit Pauline auch begonnen, was jetzt, viele Jahre später, ein eigenes, kleines (noch) Nebengewerbe der Betriebswirtin für Ernährung und Versorgungsmanagement geworden ist: die handwerkliche Fertigung von Naturseifen.

Der Selbstbedienungsladen hat immer geöffnet

Selbstbedienungsladen nennt Anna-Katharina die entzückende Holzkonstruktion, die ganz vorne in der Hofeinfahrt thront. Als Freundin von Vintage-Möbeln und Flohmarkt-Stöberstunden war sie überglücklich, als sie das inwendige Kästchen auf Ebay ergatterte. Den stilechten Rahmen hat Sebastian gebaut und in strahlendem Weiß (die Wände) und Taubengrau (das Dach) angestrichen. Ein bisschen erinnert die nach vorne offene Konstruktion an ein Bienenhäuschen. Wenn man genau schaut, kann man sogar Honig entdecken – wenn auch nur als eine Sorte der unzähligen Seifen, die in dem Laden auf Kundschaft warten. Öffnungszeiten? 24 Stunden täglich. Man kommt einfach vorbei, dreht den Schlüssel, öffnet die Türchen des inneren Kästchens – und wird zunächst hypnotisiert von einer betörenden Duftwolke.

Die Gärtnerseife – mit Mohn als Peeling-Effekt für erdverkrustete Hände – duftet sommerlich nach Bergamotte, Pfefferminz und Zeder. Wildrose, Melisse, Zitrone, Lavendel, Hagebutte, Kaffee, Flieder, es ist ein wilder, angenehmer Tanz der Gerüche, der Käufer*innen entgegenschlägt. Jeden einzelnen hat die Seifensiederin auf vollkommen natürliche Weise „eingefangen“. Das, erinnert sich Anna-Katharina, hätte sie tatsächlich als Kind unglaublich gerne gekonnt. Diese vielen verschiedenen Düfte einfan- gen, die im Bauerngarten daheim herumschwirrten: Flieder, Kräuter, Früchte.

Erst Yoga, nun Chiemgauer Seifenmanufaktur

Gelungen ist ihr das Vorhaben schließlich, als sie vor etwa zwei Jahren in Kärnten einen Kurs über das Destillieren ätherischer Öle besuchte. Die kupferne Destille, die nicht anders aussieht als bei der Schnapsbrennerei, steht immer noch unten in der Werkstatt. Nur kommen die gewonnenen Öle nicht mehr nur als „Aura-Spray“ während der von Anna-Katharina jeden Mittwoch angelei- teten Yoga-Stunden zum Einsatz, sondern dienen zusätzlich als Zutat für die Anfang dieses Jahres gegründete „Chiemgauer Seifenmanufaktur“.

Ein überschaubarer Raum im Keller beherbergt sämtliche Utensilien und Zutaten. In hölzernen, kuchenformartigen Kästchen reifen dutzende Seifenleime vor sich hin. In Gläsern und Tigeln lagern getrocknete Blüten und Kräuter. Seifen in allen erdenklichen Formen und Farben reihen sich aneinander. Gewaltige Stahleimer beinhalten Öle und Fette. Auf ihre Zutaten ist Anna-Katharina so stolz, weil sie ihre Seifen komplett ohne Plastik und ohne Palmöl herstellt. In die Töpfe kommen nur Bio- Produkte. Wer Seifen verkaufen will, muss sich ohnehin die gesundheitliche Unbedenklichkeit seiner Basis-Rezepturen von einem unabhängigen Labor bestätigen lassen. Doch Anna-Katharina will es richtig natürlich!

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Seifensieden an sich ist ein höchst chemischer Vorgang. Da reagieren Fette oder Öle (bei Katharina Kokos- und Olivenöl von Bio-Erzeugern aus dem Allgäu sowie Kakaobutter und Shea, ebenfalls in Bio-Qualität) mit einer alkalischen Lösung (Volksmund: Lauge), was zur Verseifung führt. Die Farben und Aromen stammen von den ätherischen Ölen, Kräutern, Blütenblättern und weiteren natürlichen Zutaten wie etwa Heilerden, Mohn oder Aktiv-Kohle aus Kokos.

Ebenfalls farbenfroh: Das Modelabel Lieblingsstück

Basisnote trifft Herznote

Sie habe sich zunächst „reinfuchsen“ müssen, erzählt Anna-Katharina. Sich mit Begriffen wie „Basisnote“ und „Herznote“ auseinandersetzen; Prinzipien verstehen, wie das, wonach ein zitroniger Duft nach kürzester Zeit verflöge, wenn sie
ihm nicht etwas erdiges wie Zeder hinzufügte. Nicht nur deshalb sei das Seifensieden eine gute Übung in Geduld, sagt die 32-Jährige. Eine Charge anzurühren, könne bis zu vier Stunden dauern. Und dann sei der Prozess noch lange nicht beendet! Denn dann heißt es gut vier Wochen warten, bis der ph- Wert passt.

Was hat das alles nun mit Ziege Pauline zu tun? Wieder zurück in die Kindheit: Zum Muttertag hat die kleine Anna-Katharina der Mama einmal aus der Ziegenmilch eine Seife machen lassen, von einem externen Anbieter. Das kam zuhause super an. Warum sollte man das nicht auch als Produkt mitanbieten, am Hof? Also nahm man das in die eigenen Hände. Bei den Eltern in Niederbayern ergibt das bis heute ein kleines Zubrot. Die Tochter macht jetzt ihr eigenes Business draus. Nach dem schmucken Selbstbedienungsladen steht ein Webshop auf dem Plan. Wird bestimmt auch eine saubere Sache.

Hier gehts zur Chiemgauer Seifenmanufaktur:

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