Neue Single im Frühjahr 2021: „Baby Give Me Some Time“ thematisiert die Herausforderung, in einer Liebesbeziehung die Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden. Apropos Nähe und Distanz: himmeblau hat 2017 ein zeitlos witziges Chat-Interview mit Katharina Busch geführt – per Facebook-Messenger. Immer mal wieder, wenn sich´s bei ihr grad ausging – vor einem Konzert, im Zug, Zuhause…

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Liebe Katharina, vielen Dank, dass Du Dich auf dieses Experiment einlässt! Wenn Du jetzt noch Deinen Presse-Sprecher vor die Tür schickst, könnte das lustig werden… 

Sehr gern, ich bin gespannt – und den Presse-Sprecher schicke ich einfach nach Hause.

Muss nicht gleich ein Rauswurf sein. Vielleicht will er derweil Deinen Abwasch erledigen?

Er putzt die Fenster – von außen!

Oho, Du bist wohl eine strenge Chefin?!

Frische Luft ist doch gut für ihn…

Apropos frische Luft – Du hast gleich nach Deiner Ausbildung zur Hotelfachfrau für eine „Luftveränderung“ gesorgt. Was war verkehrt an Bad Endorf?

Nichts war verkehrt! Ich liebe meine Heimat und komme immer wieder sehr gerne hierher. Schließlich leben ein Großteil meiner Familie und viele alte Freunde noch da. Die schönen Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend in Bad Endorf kann mir kein anderer Ort geben. Andererseits bin ich ein sehr neugieriger Mensch…

Und diese Neugier hat Dich wohin geführt?

Nach Schule und Ausbildung bin ich nach Irland gegangen und habe dort acht Monate in einem Hotel gearbeitet. Von dort hat es mich nach Zürich verschlagen.

Wo Du nach wie vor lebst – was fasziniert Dich an der Stadt?

Zürich hat unglaublich viel zu bieten: An einem einzigen Tag kann man unglaublich viele unterschiedliche Sachen machen – von Baden im See oder Fluss, über Shoppen bis hin zu Konzertbesuchen oder Tanzen. Und da alles sehr kompakt liegt, lässt sich alles mit dem Fahrrad erledigen. Es gibt sogar einen schönen Hausberg, wo man im Sommer wandern oder im Winter Schlittenfahren kann. Da oben war ich schon gefühlte 3.000 Mal. Ich habe mich in den letzten Jahren ziemlich an das pulsierende Stadtleben gewöhnt.

Du hast Zürich ja auch viel zu verdanken. Hier konntest du 2014 mithilfe des renommierten „Popkredit“ Dein erstes Album produzieren und auf Tour gehen. Wie schwierig haben es Nachwuchs-Künstlerinnen, ihre Musik zu veröffentlichen?

https://youtu.be/o9FR0VmfhHs
„Getting mad“ vom ersten Album TEN HOURS ON A BUS

Das Veröffentlichen an sich ist nicht so sehr das Problem. Es bedeutet halt sehr viel Arbeit. Mit der Musik auch Erfolg zu haben und die Songs ins Radio zu bringen – das ist der schwierigere Part. Denn es gibt unglaublich viel gute Musik da draußen…

Tut es das? Warum hört man dann auf allen Sendern den ganzen Tag das ewig gleiche Gedudel?

Ha, jetzt hast du mich! Stimmt, ich kann auch fast kein Radio hören. Ich denke, wer sich nicht an den Mainstream anpasst, hat es noch schwerer…

Und trotzdem machst Du ja viel, nur sicherlich keinen „Mainstream“…

Stimmt. Ich habe lieber keinen Erfolg, als Erfolg mit etwas, hinter dem ich nicht stehen kann.

Ach, ich würde behaupten: Glücklicherweise schaffst du einen gesunden Spagat. Dein Erstling „Ten hours on a bus“ reiht sich grundsätzlich ein in die feine Liedermacher-Tradition Deiner Vorbilder wie Joni Mitchel, „Crosby, Stills & Nash“ oder Norah Jones – legt den Fokus also auf Stimme und Gitarre, über die Du und Deine Band aber einen irre entspannten, vielseitigen Soundteppich gelegt haben. Davon dürften alle überrascht gewesen sein, die wussten, dass Du als Kind Xylophon und Klavier gelernt und als Jugendliche mit elektronischen Klängen gebastelt hast. Wie kam es zu dieser musikalischen Richtungsänderung?

Der ging eine erneute Luftveränderung voraus. Auf einer sechsmonatigen Reise durch Süd- und Mittelamerika, das war Ende 2010, Anfang 2011, habe ich in Nicaragua eine Amerikanerin kennengelernt, die mit ihrer Gitarre durchs Land tingelte. Als sie in meinem Hostel spielte, setzte ich mich spontan zu ihr und sang einfach mit. Wir sind dann eine Weile zusammen weitergereist. Auf dieser Reise habe ich meine erste Gitarre gekauft und aus Melodie-Ideen, die bis dahin lediglich durch meinen Kopf schwirrten, wurden endlich erste echte Songs. (Gut möglich übrigens, dass ich das alte Elektro-Material irgendwann zu Ende bringen und veröffentlichen werde.)

himmeblau-Blog-Katharina-Busch-auf-einem-Schiff-auf-dem-Nicaraguasee

Vorerst hast Du mit Deiner neuen CD „Blue Silver Diamond Light“ wieder ein luftig-leichtes Folk-Pop-Jazz-Album herausgebracht, das zwischen tiefer Melancholie und überbordender Fröhlichkeit pendelt. Wie sind diesmal – ohne vorherige Inspiration in fremden Ländern – die Songs entstanden? Und noch etwas: Was geht Dir leichter von der Hand – Text oder Musik, Melancholie oder Frohsinn?

Zur ersten Frage: Nach meiner langen Reise sind die Songs fürs erste Album wirklich nur so rausgepurzelt. Ich war voll mit Ideen und Inspiration von all den schönen Bildern, die ich gesammelt habe, froh, meine engen Freunde wieder um mich zu haben und auch sehr glücklich wieder in Zürich zu sein. Inzwischen hat sich gezeigt, dass man eigentlich überall Inspiration finden kann, wenn man mit offenen Augen durch den Tag geht und nicht immer alles gleich macht. Ich versuche in letzter Zeit zum Beispiel immer neue Routen durch die Stadt zu fahren, auf Straßen, die ich noch nicht kenne. Es gibt schon noch einige Ecken hier in Zürich in denen ich noch nicht war.

Die letzte Frage ist übrigens einfach zu beantworten: music and melancholy!

Bis Du recht grüblerisch drauf?

Nein, nein! Ich habe zwar ab und zu meine Tiefs wie jeder andere auch, bin aber im Grunde eine Frohnatur.

Verstehe. Eine Frohnatur, die wunderbar melancholische Songs schreibt – und zwar wie genau?

Melodien kommen mir im Grunde ständig zugeflogen. Ich singe dementsprechend fast andauernd – auf dem Fahrrad, beim Autofahren, beim Spazierengehen oder auch ganz klassisch unter der Dusche. Erste Songideen entstehen immer sehr spontan und aus einer bestimmten Emotion heraus, sobald mich etwas berührt, zum Beispiel ein toller Film oder einfach eine schöne Situation. Wenn die erste Songskizze steht, wird es dann handwerklicher. Feste Zeiten für Songwriting habe ich insofern nicht. Hm, ich glaube sogar, das gab es in meinem unregelmäßigen Leben bis dato für keine Sache…

Klingt, als bräuchtest du es regelrecht chaotisch…

Diese Unregelmäßigkeit hat schon während meiner Ausbildung begonnen und ist durch die Musik nicht weniger geworden. Brauchen tue ich sie nicht unbedingt. Im Gegenteil, ich sehne mich manchmal nach etwas mehr Regelmäßigkeit. Obwohl man mit einem im Vergleich zu den Mitmenschen sozusagen asynchronen Leben auch Vorteile hat: Man kann ohne Gedränge einkaufen; ins leere Schwimmbad gehen; hat die Skipiste für sich allein; oder kann zuhause laut singen, weil die Nachbarn tagsüber nicht da sind…

Das ist aber ein sehr weichgespültes Rock ’n’ Roller-Leben…

Na ja, ich war ein wilder Teenager und habe früher meine Eltern durchaus geärgert. Mehr sag ich besser nicht zu dem Thema 😉

Ach, komm – ein bisschen Skandal steht einer Musikerin doch gut! Bist du wirklich immer brav und kontrolliert?

Ich bin jedenfalls eher Genussmensch als Skandalnudel – esse also gerne gut und trinke lieber ein, zwei Gläser guten Rotwein als zu viel Bier. Seit ich so intensiv Musik mache bin ich schon eher diszipliniert, manchmal auch etwas zu streng mit mir selbst, glaube ich. Da ich gerade sehr viele Konzerte gebe, möchte ich einfach fit sein. Außerdem bin ich vieeeel schneller müde als früher. Ich gehe gerne früh ins Bett und vertiefe mich in mein Buch. Totlangweilig, ich weiß….

Kommt vielleicht auf die Lektüre an. Was liest Du denn?

Gerade habe ich „Das Gleichgewicht der Welt“ fertig gelesen. Ein historischer Roman. Sehr gutes Buch über Indien und das Kastensystem. Hart aber gut.

Wie gehst du deine Texte an? Weißt du von Anfang an, welche Geschichte du erzählen willst?

Am Anfang habe ich eine gewisse Stimmung im Sinn, daraus entwickelt sich dann das Thema eines Songs. Momentan stecke ich ehrlich gesagt in einer kleinen Flaute. Ich sollte mal wieder verreisen oder die Augen weiter auf machen! 😉

Wohin soll’s gehen?

Ich würde sehr gerne mal nach Japan. Und in eine große chinesische Stadt. Einfach mal etwas sehen, das ganz anders ist als bei uns.

Na dann nichts wie los! Wie die wohl deine Songs finden?

Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Aber wäre eine Idee, dort auch zu spielen. Ja, das würde ich gerne machen!

Was treibst Du noch gern – außer Musik machen und Reisen?

Also eine Sache, die ich immer gerne mache, ist Tatort schauen (deshalb muss ich für heute ciao sagen).

himmeblau-Blog-Porträt-Katharina-Busch

Willkommen zurück! Im Tatort werden ja mitunter gesellschaftskritische Themen behandelt. Das war traditionell immer auch Angelegenheit von Singer/Songwritern. Wie sehr sollten sich Künstler*innen einmischen?

Ich finde nicht, dass es eine Frage des Sollens ist. Es geht vielmehr darum, ob man etwas zu sagen hat und etwas sagen will, egal ob Künstler oder nicht. Klar, ein guter Song über ein schwieriges Thema kann anderen Menschen vielleicht einen besseren Zugang geben, die Herzen berühren und die Menschen zu etwas bewegen. Solche Songs sind wichtig, gerade in schwierigen Zeiten!

Was bringt dich auf die Palme? Muss ja nichts Politisches sein…

Hirnlose Menschen, die ihren Müll überall liegenlassen oder zum Beispiel ihre Zigarettenstummel ins Meer oder in Seen werfen. Grrrrrrrrrrr!

Und was passiert, wenn Du so etwas mitbekommst?

Manchmal werde ich echt ekelhaft. Ich habe in meinen letzten Ferien eine Frau beobachtet, die am Strand rauchte und ihren Zigarettenstummel danach in den Sand steckte, ehe sie davongegangen ist. Bevor die nächste Welle kam, habe ich den Stummel genommen und bin ihr hinterher. Ich habe sie angetippt, sie gefragt ob sie nicht etwas vergessen hat und ihr den Stummel in die Hand gelegt.

Oh, oh, das riecht nach Ärger…

Mir ist das Herz auch in die Hose gerutscht, aber ich habe mich irgendwie verantwortlich dafür gefühlt, ihr einen Denkzettel zu verpassen. Sie hat mich mit riesigen Augen angeschaut und hätte mir vermutlich am liebsten eine geschmiert. Ich glaube, es war ihr sehr peinlich, dass ich das vor ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn gemacht hab…

Vielleicht war es ihr genau deshalb eine Lehre. Deine Naturverbundenheit scheint sich auch im Video zur Single „Try Try“ widerzuspiegeln. Wo habt Ihr das gedreht?

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Im Allgäu und in Tirol. Das Häuschen haben wir selbst entworfen und gebaut. Damit es uns auf dem Wasser nicht abhaut, musste ein Taucher von unten steuern. Für mich war es da oben eine wacklige Angelegenheit. Und besonders schlimm war die Sprungszene.

Warum?

Der Weiher war bis knapp unter die Wasseroberfläche mit Pflanzen bewachsen und dann schwamm auch noch ein mindesten halber Meter langer Fisch auf mich zu…

Hihi – der dir offenbar nichts getan hat. Danke für deine Offenheit und alles Gute für die Zukunft!