Seit Herbst 2023 ist der Popularmusikbeauftragte des Bezirks Oberbayern im Amt. Dem himmeblau Magazin erzählt er über seinen Werdegang, spektakuläre Neuigkeiten aus dem „ZeMuLi“ sowie seinen persönlichen Karrierehöhepunkt.

„Seine musikalische Laufbahn begann Schmid im Alter von sieben Jahren.“ So nüchtern und (vermutlich unbeabsichtigt) trockenhumorig steht es in der Pressemitteilung, die der Bezirk Oberbayern 2023 herausgab, um Christoph Schmid als seinen neuen Popularmusikbeauftragten zu begrüßen. Mit Schmid hat sich der Bezirk einen ebenso renommierten wie vielseitigen Musiker und Dozenten geschnappt. Einen, der weiß, wie der Hase läuft. 

Vor seinem Amtsantritt absolvierte der 40-jährige Musiker, Produzent, Komponist und Musiklehrer eine Ausbildung zum Staatlich geprüften Leiter der Popularmusik in der Fachrichtung Rock, Pop und Jazz an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach. Dennoch, sagt Schmid, sei es ein ebenso großer Glücks- wie Zufall, dass er nun auch wirklich so eine Stelle antrete. Denn zielstrebig auf das Engagement hingearbeitet habe er keineswegs. Vielmehr studierte er nach besagter Ausbildung zunächst weiter – an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart (Schwerpunkt Pop und Jazz), wo ihm unter anderem And.Ypsilon von den Fantastischen Vier sowie Wolfgang Schmid (Klaus Doldinger‘s Passport) ihr unnachahmliches Rhythmusgefühl einhämmerten.

Schmid war weltweit auf großen Bühnen tätig.

Der Krumbacher vertiefte Drum-Skills und Wissen am „Drummer‘s Focus“ in München sowie am „downtown music institute“ Augsburg und stand (beziehungsweise saß) fortan für hochrangige Stars wie James Blunt, Roger Cicero, Scooter und Atze Schröder auf der Bühne, trommelte in Musicals wie „Tanz der Vampire“, „Rebecca“ und „Mamma Mia!“, begeisterte als Drummer der Show „The Drum! Power“ weltweit Percussion-Fans und komponierte nicht zuletzt für zahlreiche Filmproduktionen, darunter der Tatort und der Kinoblockbuster „Die Schule der magischen Tiere“.     

Und das alles soll im Alter von sieben Jahren begonnen haben? Nun, zumindest bestanden die Eltern damals darauf, dass auch der kleine Christoph ein Instrument erlernen solle. Da die ältere Schwester bereits an der Klarinette übte, drückten sie auch ihm das – ehrlich gesagt ungeliebte – Holzblasinstrument an die Lippen. Der kleine Christoph scheint ein praktisch veranlagter Bub gewesen zu sein. Eines Tages schraubt er Ober- und Unterstück der Klarinette kurzerhand auseinander und verwendet die länglichen Teile als Drumsticks. Buchstäblich einen, nein, mehrfache, laute Befreiungsschläge trommelt er, die glücklicherweise (geneigtes) Gehör finden. „Na gut“, sollen die Eltern gesagt und ihren Irrtum eingeräumt haben, „die Klarinette ist eh hinüber, bekommst in Herrgotts Namen halt ein Schlagzeug.“ A Star was born, kann man sagen. In einer Dokumentation tauft der BR ihn später einmal „The Beat“. Solche Bezeichnungen bekommen eigentlich nur die ganz großen Namen. Frank Sinatra zum Beispiel. Der war „The Voice“. 

Grünanlage vor dem ZeMuLi
Fotos: Wolfgang Englmaier

Doch jetzt: Kontrastprogramm; eine Art „Schreibtischjob“. Der steht am Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik (ZeMuLi) in Bruckmühl und komme ihm, sagt Christoph, alles andere als ungelegen. Er vergleicht das Leben eines Drummers mit dem eines Spitzensportlers. „Das Schlagzeug“, erklärt er, „ist ein sehr physisches Instrument. Es geht sehr auf Sehnen und Muskulatur und verlangt brutal viel Kondition.“ Irgendwann komme man einfach an einen Punkt, wo man sich nach einer Alternativkarriere umsehen müsse – wenn man es nicht gerade wie die Rolling Stones halten und vermutlich bis zum Sanktnimmerleinstag live musizieren möchte. Ohnehin hält es Schmid eher mit den Beatles. Ein glückliche Fügung wehte ihm also die Ausschreibung zum Popularmusikbeauftragten vor die Augen und so sitzt er seit einem Jahr in Bruckmühl in dieser Einrichtung, die es im Grunde seit 40 Jahren gibt.

Im Jahr 1985 trat der in Volksmusikkreisen zu Recht hochverehrte Ernst Schusser an, um eine Reihe unterschiedlicher privater Sammlungen zur Volksmusik in einer Sammlung – dem künftigen Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern – zu vereinen. Möglich wurde das, weil im ehemaligen Krankenhaus des Marktes Bruckmühl Räumlichkeiten frei wurden. Hier machten sich der ehemalige Volksschullehrer Schusser und ein paar Mitarbeiter:innen daran, Noten und Quellen der regionalen Musiktradition zu sammeln, zu archivieren und zu dokumentieren. Inzwischen umfasst das Volksmusikarchiv weit über hunderttausend Musikalien in Notendrucken und Liederbüchern, handschriftliche Dokumente der Instrumentalmusik und des Singens, Flugblattdrucke mit Liedertexten und Liederblätter, mehrere zehntausend Tondokumente von Feldforschungsaufzeichnungen zur Überlieferung der Volksmusik und des Volkstanzes sowie von Volksmusikgruppen, tausende Fotografien der musikalischen ­Volkskultur sowie Filme und Videoaufnahmen von Volksmusikdarstellungen im Fernsehen. Nicht zu vergessen: eine Sammlung von Instrumenten sowie die Fachbibliothek mit 25.000 Bänden. 

Ältere Noten-Handschriften aus dem Bestand der Musikkapelle Grabenstätt.
Fotos: Bezirk Oberbayern

Klingt nicht gerade nach “Popularmusik”. Ist auch nicht Schmids “Baustelle” – jedenfalls nicht ganz. Doch 2017 konnte der Bezirk Oberbayern den Gebäudekomplex mitsamt einiger benachbarter Immobilien erwerben. Damit einher ging eine zukunftsweisende Neuausrichtung. Aus dem früheren Volksmusikarchiv wurde 2020 das ZeMuLi: das Zentrum für Volksmusik, Literatur & Popularmusik. Im Moment arbeitet der Bezirk emsig daran, aus dem Quartier einen topmodernen Kreativ-Hot-Spot zu machen, mit Probenräumen und Aufnahmemöglichkeiten und Raum für Austausch und Veranstaltungen. 

“Das wird richtig amtlich”, sagt Schmid stolz, der natürlich schon vor der Fertigstellung als Ansprechpartner für Musiker:innen und Bands aus allen Bereichen des Pops zur Verfügung steht. Er berät zu Themen wie GEMA, GVL oder Vertragsgestaltung, gibt Tipps, wie man am besten  ein Album veröffentlicht und kann vor allem auch Fördergelder für Albumproduktionen oder ähnliche Projekte gewähren. Wichtig: Dabei entscheide er nicht nach seinen persönlichen Geschmack. “Es muss aber spürbar Zug hinter dem Vorhaben stehen!”, betont er. 

Neuer Förderpreis: DiaTon

Derweil beansprucht ein neues Projekt auf Seiten des ZeMuLi die volle Aufmerksamkeit des Drummers. Es gilt, die Werbetrommel zu rühren. Am 21. Oktober ist er mit der Ausschreibung eines brandneuen Förderpreises an die Öffentlichkeit gegangen. „DiaTon – Förderpreis Dialekt und Musik“ heißt die neue Auszeichnung. Ausrichter ist das ZeMuLi, das damit die künstlerische Auseinandersetzung junger Menschen mit der eigenen Kunst und Sprache fördern will. Der Preis richtet sich an alle, die Rock-, Pop-, Jazz- oder Elektromusik auf Oberbayerisch machen und sich trauen, ihr Können auf einer Bühne unter Beweis zu stellen. 

Diese Bühne wird sich am 5. April 2025 im kleinen Theater in Haar befinden. Dort werden die Sieger:innen dann gemeinsam vom Publikum und einer hochkarätig besetzten Jury bestimmt. Auf die Gewinner:innen wartet ein Preisgeld in Höhe von insgesamt 15.000 Euro, das auf maximal drei Ausgezeichnete verteilt werden kann. Christoph Schmid, der wahrlich viel erlebt hat in seiner Karriere, empfand es übrigens als seine höchste Auszeichnung, dass seine 80-Jährige Oma eines seiner Konzerte besucht hat. Wer braucht schon einen Grammy, wenn man eine Granny hat…  

Weitere Infos auf der Website des ZeMuLi

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