Die Schafwollspinnerei Höfer aus Bad Feilnbach setzt auf Regionalität, Qualität aus Handarbeit und Tierwohl.
Mehr als 70 Jahre hat sie auf dem Buckel: die alte „Woll-Datschn“, die einst Opa Mathias für seine Frau Maria aus Schrottteilen baute. Heute freilich ist die alte Kardiermaschine längst durch professionelle Modelle ersetzt, die die Rohwolle kämmen. Sie kann aber noch immer im Museum der Schafwollspinnerei Höfer im beschaulichen Örtchen Litzldorf bei Bad Feilnbach bewundert werden. „Mit dieser Woll-Datschn hat alles angefangen“, erzählt Matthias Höfer, der Enkel des findigen Bastlers. „Meine Oma war begeisterte Strickerin und sagte damals zu meinem Opa: ,Wenn Du Lokomotiven bei Krauss-Maffei bauen kannst, kannst Du mir auch eine Woll-Datschn bauen‘.“ Nach Plänen, die er sich im Deutschen Museum in München zusammensuchte, fing Mathias senior an, das Gerät aus allen brauchbaren Teilen, die er auf Schrottplätzen finden konnte, zusammen zu bauen. Nach zwei Jahren Zeit des Bastelns konnte die Maschine endlich in Betrieb genommen und die Wolle verarbeitet werden, aus der Maria Höfer dann feines Strickgarn herstellte.
Die Schafwollspinnerei kauft ausschließlich Wolle aus der Region
Mittlerweile bietet die Schafwollspinnerei neben dem Strickgarn eine Vielzahl verschiedener Produkte − von Teppichen über Bettwaren bis zu Filz- und Bastelwolle. Das Besondere: die Wolle stammt ausschließlich von Berg- und Merinoschafen aus der Umgebung. „Andere Strickgarnhersteller kaufen ihre Wolle aus Südamerika oder Neuseeland“, sagt Matthias. Deutsche Wolle sei zwar etwas teurer, doch er legt großen Wert auf die Regionalität und das Tierwohl. Mit rund 140 Schäfern, die etwa 30.000 Schafe betreuen, arbeitet der gelernte Industriemechaniker zusammen. Weil er von Kunden schon oft gefragt wurde, betont er: „Keines dieser Schafe muss wegen der Wolle sein Leben lassen. Die Schafe werden geschoren und dürfen danach wieder zurück auf die Weide.“ Rund 100 Tonnen Rohwolle liefern die Schäfer der Spinnerei im Jahr. Diese Wolle wird zunächst gewaschen und anschließend kardiert, also gekämmt. Das daraus entstandene Vorgarn wird dann auf der Spinnmaschine gesponnen und danach auf der Zwirnmaschine zu zwei- oder dreifädigem Garn gezwirnt. Während für das Strickgarn oder die Bettwaren die weiche Merinowolle genutzt wird, verwendet der Familienbetrieb für Teppiche die robuste Wolle der Bergschafe.
Auch diese Wolle muss erst gewaschen und gekämmt werden, ehe sie dann von Hand wesentlich dicker gesponnen und gezwirnt wird. In der hauseigenen Weberei stehen vier Handwebstühle, an denen die Weberinnen aus der Wolle Teppiche nach Maß und Kundenauftrag herstellen. „In unserem Familienbetrieb machen wir noch sehr viel von Hand. Das ist auch ein Grund für die gute Qualität, die wir leisten“, so Matthias. Seniorchef Hans Höfer fügt hinzu: „Bei unseren Teppichen kannst Du dank der festen Webeigenschaften keinen Finger durchstecken.“ Die robuste Bergschafwolle und die Handarbeit machen die Teppiche der Spinnerei deshalb auch so langlebig.
Für ein angenehmes Schlafklima sorgen die Bettwaren aus flauschiger Merinowolle. Die Wolle wirkt temperaturausgleichend: Während sie im Winter wärmt, kühlt sie im Sommer. Schwitzt man nachts, kann die Schafwolle die Feuchtigkeit aufnehmen und an die Raumluft wieder abgeben. Denselben temperaturausgleichenden Effekt erzielt man auch mit Jacken oder Socken aus Schafwolle. In dem Laden in Litzldorf unter der Führung von Martina Höfer bietet die Spinnerei ein Sortiment an verschiedenen Merino-Strickwaren. Sollte mal nichts passendes dabei sein, können auch Sondergrößen nach Maß angefertigt werden.
Die natürliche Wirkung der Heilwolle
Eine ganz spezielle Sparte stellt die sogenannte Heilwolle dar. „Mit unseren Heilwollprodukten sind wir weltweit einzigartig“, sagt Matthias stolz. Diese bemerkenswerte Wolle stammt vom Bio-Schaf und wird besonders schonend gewaschen, sodass das Fett, das sogenannte Lanolin, enthalten bleibt. Eben jenes Fett ist der Grund dafür, dass die Produkte aus Heilwolle so effektiv gegen Hautirritationen oder Gliederschmerzen helfen. Vor allem stillende Mütter mit entzündeten Brustwarzen greifen gerne auf die heilenden Produkte zurück. Der Aufwand in der Herstellung sei immens, sagt der Industriemechaniker. „Das tut sich kein großer Garnhersteller an. Aber wir als kleiner Familienbetrieb können uns das leisten.“ Die stetig steigende Nachfrage bestätigt die Familie in ihrer Arbeit.
Große Nachfrage herrscht auch bei den Strick- und Filzkursen, die Martina über die Volkshochschule Bad Feilnbach anbietet. Wer einen der Kurse besuchen möchte, muss jedoch schnell sein. Die begehrten Unterrichtsstunden sind innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. „Wir bieten normalerweise sechs bis acht Kurse pro Jahr an. Die Nachfrage würde aber auch für 20 Kurse reichen“, sagt Matthias. Freilich konnten im letzten Jahr pandemiebedingt keine Kurse stattfinden und auch der Verkauf ging nur schleppend voran. „Wir verkaufen unsere Produkte natürlich auch online, aber die meisten Kunden kommen lieber in den Laden, lassen sich beraten und wollen natürlich auch wissen, wie sich die Waren anfühlen“, erklärt der 37-Jährige. Er hofft, dass sich in Zukunft wieder mehr Menschen auf regionale und hochwertige Produkte besinnen. Ganz so, wie schon zu Omas und Opas Zeiten.